Rechtzeitiger Frontenwechsel

RS_Rechtzeitiger-Frontenwechsel_w600_h466Die gegnerische Kriegerschar rückt näher, da wäre es Zeit zu handeln.

Doch der Kommandeur steht unbeweglich dem Feinde zugewandt. Das Schwert bleibt in der Scheide. Die Feder der Eitelkeit wippt vor seinen Augen, die ins Leere starren und nichts von seinen Gedanken und Gefühlen preisgeben.

Der Kleine im Narrengewand tanzt aufgeregt um ihn herum, und bemüht sich, den Herrn an seine Pflicht zu erinnern.

“Wir müssen etwas tun, Hauptmann. Es wird Zeit zu handeln!”

“Ich bin kein Hauptmann. Man hat mich bei der letzten Beförderung übergangen.”

“Der Gegner formiert sich, Herr Oberst, und rückt vor.”

“Ich bin auch kein Oberst. Sie verwechseln mich mit meinem Onkel, dem ich sehr ähnlich sehe.”

“Es wird nicht lange mehr dauern und der Gegner greift an, Exellenz”

“Die Exzellenz sitzt im sicheren Pallast, wir stehen auf freiem Feld.”

“Oh mein Feldherr, erwachen Sie doch, bevor es zu spät ist.”

“Ich bin nicht Ihr Feldherr! Und hören Sie auf zu schmeicheln. Damit erreichen Sie gar nichts.”

“Was soll ich denn noch tun, um Sie auf die Gefahr aufmerksam zu machen?”

“Es gibt keine Gefahr. Ich sehe keine. Ich habe auch keine Zeit, mich um etwas zu kümmern, was mich nichts angeht.”

“Aber der Feind rückt mit Waffengewalt näher.”

“Was redest du, kleiner Zappelmann! Das ist nicht der Feind!”

“Nicht der Feind? Was sonst sind die lanzenschwingenden Krieger, die auf uns einstürmen?”

“Freunde sind sie, meine, deine, unsere Freunde Unsere Freunde und Befreier. Verstehst du, unsere Befreier!”

“Befreier – das wusste ich nicht, Herr Leutnant. Und wovon wollen sie uns befreien, wenn ich fragen darf?”

“Vom Irrtum.”

“Vom Irrtum?”

“Es ist nicht das erste mal, daß Befreier irrtümlich als Feinde angesehen und behandelt werden. Ein Irrtum, der in der Geschichte schon viel Blut gekostet hat. Nur weil die nötige Einsicht, die mich gerade erleuchtet, fehlte.”

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Alle Rechte: RS

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