Na-nu! Plötzlich stehen da zwei nackte Beine vor mir. Habe nichts von ihrem Herannahen bemerkt. Wie vom Himmel gefallen zeigen sie sich meinen Augen, die sich nicht lösen können von der Betrachtung solch herrlicher Waden. Wie mich diese samtene Haut entzückt, die sich so jugendlich frisch über eine vollkommen ausgebildete Muskulatur spannt. Vollendet geformte Knie und Knöchel! Und wie die kleinen, beweglichen Zehen so reizend mit den Grashalmen spielen! Und erst – mein Blick wandert bewundernd empor – diese prachtvolle Hose, gibt es geschmackvollere Streifen? Und dann als Krönung ein Gürtel, von dessen Schönheit meine Augen sich geblendet abwenden müssen und nach innen gekehrt die Aufmerksamkeit auf meinen merkwürdigen Seelenzustand richten.
Was ist los mit mir?? Derartiges Hochgefühl habe ich noch nie erlebt. Sollte das die Liebe sein? Von der man sagt, dass sie den Menschen mit einem heißen Begehren erfüllt nach dem, das ihm zum vollkommenen Glück fehlt. Es ist gewiss die Liebe, denn ich bin von der Gewissheit durchdrungen, dass die vor mir stehende Gestalt von mir in Besitz genommen werden muss, um dieses besagte vollkommene Glück zu erlangen. Liebe, so lehren es die Weisen, ist der Trieb, der zwei Einzelwesen zusammenführt, die vom Schicksal dazu bestimmt sind, eine in sich ruhende Ganzheit zu bilden.
Die Tragik, die Liebesgeschichten so spannend machen, liegt darin, dass den Liebenden es so schwer gemacht wird, zu einander zu kommen. Manches Mal erst im Tode. Auch hier bei uns beiden sehe ich noch keinen Weg zur Vereinigung. Genau in diesem Problem verharren wir, du und ich. Möge der Himmel, der dich zu mir geführt hat, uns helfen!
Alle Rechte: RS